Nicht jeder Prostatakrebs muss operiert werden
Ist der Tumor auf die Prostata beschränkt, bringt eine Operation kaum Vorteile. Entscheidend sind Früherkennung und eine genaue Diagnose.
Bei der Diagnose Prostatakrebs glauben viele Männer, dass sie an dem Tumor sterben, wenn sie nicht therapiert werden. Dies ist jedoch nicht der Fall. Beim Prostatakrebs gilt es genau zu unterscheiden, wo der Tumor sitzt und wie er sich entwickelt.
Der Prostatakrebs (Prostatakarzinom – PCa) ist eine bösartige Tumorerkrankung und geht vom Gewebe der Vorsteherdrüse aus, einer ca. vier Zentimeter kastaniengroßen Drüse. Die Prostata umschließt ringförmig die Harnröhre unterhalb des Blasenausgangs.
In ihr wird ein Teil der Samenflüssigkeit produziert. Wachstum und Funktion des Organs regelt das männliche Geschlechtshormon Testosteron. An ihrer Rückseite grenzt die Prostata an den Mastdarm (Rektum), weshalb sie vom Enddarm aus mit den Fingern ertastet und beurteilt werden kann.
Prostatakrebs ist das häufigste Malignom und nach Lungenkrebs und Dickdarmkrebs die dritthäufigste krebsbedingte Todesursache bei Männern in Deutschland. „Bei der Diagnose kommt es darauf an: Ist der Krebs auf das Organ beschränkt oder handelt es sich gar nur um eine gutartige Vergrößerung der Vorsteherdrüse, eine sogenannte benigne Prostata-Hyperplasie (BPH)“, erklärt Dr. Reinhold Lunow, Experte für Vorsorge und Diagnostik.
Prostatakrebs wächst meist langsam
Das oft langsame Wachstum unterscheidet das Prostatakarzinom von anderen bösartigen Tumoren. In den meisten Fällen entsteht dieser Tumor in der äußeren Drüsenzone. Probleme beim Wasserlassen aufgrund der Einengung der Harnröhre treten meist erst dann auf, wenn der Tumor bereits groß ist und sich im gesamten Organ ausgebreitet hat. Bei fortschreitendem Wachstum durchbricht er die bindegewebige Kapsel der Prostata und wächst in benachbartes Gewebe hinein. Davon können Samenblasen, Harnblase und Mastdarm betroffen sein. Im weiteren Verlauf können sich Krebszellen über Lymph- oder Blutbahnen im Körper verteilen und Metastasen bilden.
Typische Symptome, die frühzeitig auf einen aggressiven Tumor in der Prostata hinweisen, gibt es nicht. Hinweise können Schwierigkeiten beim Wasserlassen, Blut im Urin oder in der Samenflüssigkeit, Potenzstörungen sowie Schmerzen bei der Ejakulation, in Rücken, Becken oder Hüfte sein.
„Das vergleichsweise langsame Wachstum bedeutet aber nicht, dass man sich mit der Vorsorge Zeit lassen kann und nicht zur Früherkennung geht“, sagt der ärztliche Leiter der Praxisklinik Bornheim nahe Köln und Bonn.
Ab dem 40. Lebensjahr empfiehlt er eine jährliche Untersuchung, da der Prostatakrebs typischerweise im fortgeschrittenen Lebensalter auftritt: Vier von fünf Männern mit Prostatakarzinom sind älter als 60 Jahre.
PSA-Test allein reicht nicht für die Diagnose Prostatakrebs
Im Rahmen der Vorsorge wird die Konzentration des prostataspezifischen Antigen (PSA) gemessen. PSA ist ein Einweiß, das nur in der Prostata gebildet und bei Erkrankungen des Organs vermehrt ins Blut abgegeben wird. PSA ist ein Tumormarker zur Beurteilung der Krebserkrankung und ihrer Behandlung.
Der PSA-Test lässt jedoch nur ungenaue Schlussfolgerungen zu, denn der PSA-Wert kann erhöht sein, ohne dass ein Tumor die Ursache ist. Auch gutartige Geschwülste treiben ihn in die Höhe und werden auf diesem Weg überhaupt erst entdeckt; der Betroffene hätte sie sonst nie bemerkt. Ebenso lässt eine Prostataentzündung (Prostatitis) sowie alles, was mechanisch Druck auf die Prostata ausübt, den Wert vorübergehend ansteigen: eine Tastuntersuchung vor der Blutentnahme, Geschlechtsverkehr oder sogar Fahrradfahren.
Als Grenze gilt ein Wert von 4 Nanogramm pro Milliliter (ng/ml). Untersuchungen zeigen jedoch, dass nur einer von vier Männern mit einem höheren PSA-Wert von bis zu 10 ng/ml tatsächlich ein Prostatakarzinom hat. Umgekehrt schließt ein Wert unterhalb des PSA-Grenzwertes Prostatakrebs nicht hundertprozentig aus. „Deshalb ist neben dem Absolutwert auch die Anstiegsgeschwindigkeit zwischen verschiedenen PSA-Messungen wichtig“, so Dr. Lunow.
Zur Vorsorge gehören daher weitere Labor-Untersuchungen. Neben dem PSA-Wert sollten auch allgemeine Entzündungsmarker wie das C-reaktive Protein (CRP) und die Anzahl der Leukozyten bestimmt werden.
Darüber hinaus kann der Arzt rektal Unregelmäßigkeiten und Verhärtungen ertasten, die den Verdacht auf ein Karzinom nahelegen. Aber speziell kleine Tumoren fallen bei der Tastuntersuchung oft nicht auf.
Prostatakrebs bei nahen Verwandten verdoppelt das eigene Risiko
Der Arzt untersucht auch die äußeren Genitalorgane, ertastet die Lymphknoten in der Leiste und erfragt die familiäre Krankheitsgeschichte. Denn zwischen 5 und 10 Prozent der Prostataerkrankungen sind genetisch bedingt. Männer, deren Väter oder Brüder an Prostatakrebs erkrankt sind, haben ein doppelt erhöhtes Risiko, selbst daran zu erkranken.
Als bildgebendes Verfahren eignet sich die transrektale Sonografie, eine schmerz- und strahlungsfreie Ultraschalluntersuchung. Bei Verdacht auf Veränderungen kann eine Gewebeentnahme (Biopsie) der Vorsteherdrüse erfolgen.
Fast alle Männer überleben den Krebs, wenn er so frühzeitig erkannt wird, dass er noch auf die Vorsteherdrüse beschränkt ist. Von einer Operation profitieren aber nur diejenigen, die ein tatsächlich aggressives Karzinom sowie einen deutlich erhöhten PSA-Wert oberhalb von 10 ng/ml aufweisen.
Daher sollte der Entschluss zur Operation erst nach eingehenden Untersuchungen, Beratung und nicht vorauseilend erfolgen. „Selbst wenn der Eingriff gut verläuft, sind hinterher viele Männer impotent oder inkontinent“, berichtet Dr. Lunow. „Die chirurgische Entfernung der Prostata bei lokalem Krebs rettet kein Leben. Die allermeisten Männer mit einem begrenzten Prostata-Tumor werden nicht daran sterben, auch wenn er unbehandelt bleibt.“
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