PCSK9-Hemmer: Antikörperinjektionen zur Cholesterinsenkung
Führen Ernährungsumstellung und Gewichtsreduktion nicht zu einer Verminderung der Cholesterinwerte und helfen auch Statine und/oder Ezetemib nicht, um die angestrebten LDL-Cholesterin (LDL-C)-Zielwerte zu erreichen, stehen jetzt zwei neue Medikamente zur Verfügung.
Evolocumab (Handelsname: Repatha) und Alirocumab (Handelsname: Praluent) sind Antikörper, die der Patient sich alle 14 Tage mit einem Injektions-Pen unter die Haut spritzt.
Bei diesen neuen Medikamenten handelt es sich um sogenannte PCSK9-Hemmer.
Auf der Suche nach Erbanlagen, die mit extrem niedrigen LDL-C-Werten einhergehen, waren Forscher auf das Protein PCSK9 gestoßen.
Die Abkürzung PCSK9 leitet sich von Proproteinkonvertase-Subtilisin/Kexin-Typ-9 ab. Dieses Protein wird vor allem in der Leber synthetisiert. Aus biologischer Sicht ungewöhnlich, schadet PCSK9 mehr als zu nützen. Denn liegt es aufgrund eines genetischen Defekts in sehr großer Menge vor, kommt es schon in jungen Jahren zu starken Gefäßverkalkungen, Herzinfarkt und Schlaganfall. Es kommt in der Natur nicht häufig vor, dass ein genetischer Defekt von Vorteil ist. Menschen, die aufgrund eines Genfehlers kaum oder gar kein PCSK9 haben, tragen ein deutlich geringeres Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall und andere Herz-Kreislauferkrankungen.
Die Ursache dafür ist, dass PCSK9 die ungünstige Eigenschaft hat, die LDL-Rezeptoren auf den Leberzellen zu vermindern. Die Folge ist, dass die Leber dann das LDL-Cholesterin schlechter aus dem Blut aufnehmen kann.
PCSK9-Hemmer senken den LDL-Cholesterinwert um 70 %
Untersuchungen aus den USA zeigen, dass sich selbst höchste LDL-Cholesterinwerte um 60-70 % senken lassen. Während andere Cholesterinsenker als Tablette täglich eingenommen werden, wird der PCSK9-Hemmer mit einem Injektions-Pen, ähnlich der Insulinspritze eines Diabetikers in den Oberarm, die Bauchdecke oder in den Oberschenkel gespritzt. Eine Injektion reicht für 14 Tage.
Die PCSK9-Hemmer sind mit Kosten von 9.000 € pro Jahr sehr teuer. Sie kosten damit mehr als das 100-Fache einer Therapie mit Statinen.
Die häufigsten Nebenwirkungen sind Gelenkschmerzen, Infektionen der oberen Atemwege, Müdigkeit, Reaktionen an der Injektionsstelle und Kopfschmerzen.
Zur Langzeitsicherheit liegen noch keine Daten vor. PCSK9-Hemmer können ähnlich wie Statine die Entstehung von Diabetes fördern. In der einjährigen Zulassungsstudie nahmen Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen zu. Sollten diese neuen Wirkstoffe die Gefahr an Demenz zu erkranken erhöhen, werden sie wohl kaum eine Zukunft haben. Weitere Untersuchungen hierzu sind dringend erforderlich.
Bisher ist letztendlich auch nur gesichert, dass der Cholesterinspiegel sehr effektiv gesenkt werden kann. Ob das auch zu einer Verminderung der Herzinfarkt- und Schlaganfallrate führt, ist noch Gegenstand von aktuellen Studien. Vieles spricht aber dafür, dass mit diesen neuen Wirkstoffen nicht nur das Cholesterin gesenkt wird, sondern auch die Sterblichkeit an Herzinfarkt und Schlaganfall reduziert werden kann.
Meist liegt erhöhten LDL-Cholesterinwerten eine primäre nicht vererbte Cholesterinerhöhung oder eine heterozygote familiär bedingte Erhöhung des Cholesterinsspiegels zugrunde.
Die LDL-Werte erreichen dabei selten Werte über 250 mg/dl. Bei der seltenen homozygoten familiären Hypercholesterinämie kann das LDL-Cholesterin dagegen auf Werte bis über 500 mg/dl steigen.
Beim derzeitigen Kenntnisstand sehen wir für Evolocumab und Alirocumab eine gesicherte Indikation nur für Patienten mit homozygoter familiärer Hypercholesterinämie, also der seltenen Gruppe mit sehr hohen LDL-Werten.
Zugelassen sind die PCSK-9-Hemmer aber auch schon für die anderen Gruppen, wenn die LDL-Zielwerte mit Statinen und/oder Ezetemib nicht erreicht werden können bzw. diese Cholesterinsenker nicht vertragen werden.
Da in Deutschland mit der jetzigen Standardtherapie weniger als die Hälfte der Hochrisikopatienten den angestrebten LDL-C-Zielbereich von 70 mg/dl erreichen, setzen Experten für Fettstoffwechselstörungen große Hoffnung in dieses neue Wirkprinzip. Die Therapiekosten von über 9.000 € pro Jahr begrenzen die Einsatzmöglichkeiten aber im Moment erheblich.
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